Der Münchhausen von Opatja
Ich bin ein Weihnachtsflüchtling und habe die Weihnachtsfeiertage mit einem Teil meiner Familie in Opatja verbracht.
Schon am ersten Tag beim ersten Erkundungsspaziergang trafen wir auf einen Verkäufer, der seinen Schmuck an der Strandpromenade anbot. Ich trete gerne mit fremden Menschen in Kontakt und so ließ ich mich auf ein Gespräch ein, das einer der besten Verkäufer, die ich auf der Straße kennen gelernt habe.
Er begann das Gespräch mit dem Hinweis, dass wir das Glück und die Gelegenheit hätten den einzigen Mann auf der Welt kennen zu lernen, der mit seiner Frau drei Mal Zwillinge gezeugt hätte. Und noch dazu sei das erste Pärchen an seinem Geburtstag zur Welt gekommen, das zweite an dem seiner Frau (die Tochter einer der reichsten Frauen in Wien) und das dritte an ihrem Hochzeitstag. Ich bin Psychologin und immer neugierig welche Strategien Menschen anwenden, um Andere in ihren Bann zu ziehen.
Weiter ging es mit der unglaublich positiven Ausstrahlung die meine Tochter und ich hätten und weil das so erfrischend sei, wolle er uns einen Ring schenken. Aber weil wir so sympathisch waren entschied er sich uns beiden einen Ring im Wert von je 200 Kunar (rd. 30 Euro) zu schenken.
Er war nicht so dreist uns gleich zu fragen wie uns sein anderer Schmuck gefiel, er berichtete von seinen 9 Berufen (unter anderem sei er Heilpraktika, Bodyguard Verkäufer......), den 7 Sprachen die er spricht und den Erfahrungen die er mit Menschen gemacht habe.
Dann kam die traurige Geschichte von seinem Herzinfarkt. Seine Landsleute hätten in liegen gelassen, aber ein Österreicher hielt ihn in den Armen und veranlasste, dass der Arzt geholt wurde.
Und dann, gerade als wir nach gut einer Stunde gehen wollte kam der entscheidende Moment: er fragte wie uns sein Schmuck gefallen würde. Er sei an unserer Meinung interessiert. Er pries seine Ware an, die nicht ganz unserem Geschmack entsprach und erklärte alle Änderungen, die wir uns wünschten gerne machen zu können. Als er merkte, dass wir an seiner Ware nicht interessiert waren wurde er zunehmend verzweifelt. Er habe uns doch nur die Wahrheit gesagt.
Dann versuchte er noch durch seine Hände , die er vor meinem Körper entlang streichen ließ zu lokalisieren, wo meine gesundheitlichen Gefahrenzonen lägen. Ich habe jetzt also Probleme mit der Schilddrüse, und mit meinem linken Eierstock. Sonst sei alles ganz in Ordnung.
Aber jedes Sternzeichen, meines, die Waage, sei sehr sensibel und ausgleichend, sehr gut, habe Steine, die gut wären. Es würde mir nicht schaden so ein Schmuckstück zu tragen, zumal es die schöne grüne Farbe meiner Augen unterstreichen würde.
Er sei ja immer ehrlich und da müsse er mir auch sagen, dass meine Schuhe nicht zur Jacke passen, aber ich müsse zugeben, er habe immer die Wahrheit gesagt.
Da wir aber von seinem Schmuck noch immer nicht begeistert waren gaben wir ihm die zwei Ringe, die er uns unbedingt schenken hatte wollen zurück und er nahm sie auch – ich glaube gerne – dankend zurück.
Wir hatten eine Stunde Life - Kino, er hat die Erkenntnis gewonnen, dass es Leute gibt die auch nach einer Stunde Gehirnwäsche immer noch wissen was sie wollen und was nicht.
So haben wir beide eine Erfahrung gemacht und wir haben uns in Freundschaft getrennt!